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Weil jeder Mensch Zuwendung verdient: Das Demenzkonzept der AWO Saarland

Ambulante Pflege im eigenen zu Hause im Saarland durch AWO ZuHause

Weil jeder Mensch Zuwendung verdient: Das Demenzkonzept der AWO Saarland

Die Anzahl der an Demenz erkrankten Menschen hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Die Menschen werden, bedingt durch den medizinischen Fortschritt, immer älter. Somit steigt nicht nur die Lebenserwartung stetig, sondern auch das Risiko an Demenz zu erkranken. Dies stellt die stationäre Altenpflege vor neue Herausforderungen.

Durch die Zunahme der an Demenz erkrankten Bewohner*innen in den Einrichtungen der stationären Altenhilfe ist es notwendig, dass spezielle Wohn- und Betreuungsformen angeboten werden, um den neuen Anforderungen und Bedürfnissen gerecht zu werden. Da sich diese Bewohner*innen im Alltag immer weniger zurechtfinden, bieten wir ihnen Strukturen, in denen sie sich wohl fühlen und ihre noch vorhandenen Fähigkeiten trainieren und bestehende Defizite kompensieren können. Unsere Bewohner*innen erhalten eine würdevolle Begleitung und wir begegnen ihnen in ihrer individuellen Erlebniswelt. Dabei stützen wir uns auf die jeweilige Biographie um die vorhandenen Ressourcen des Bewohners oder der Bewohnerin zu fördern und ihre individuelle Selbständigkeit und Lebensqualität zu erhalten.  Mit diesem Demenzkonzept stellt sich die AWO Saarland nicht nur auf die Bedürfnisse der an Demenz erkrankten Bewohner*innen ein, sondern sie stellt sich auch den kommenden demographischen Entwicklungen.

Eine Demenz ist eine Erkrankung mit komplexen Symptomen, die sowohl an die Betroffenen als auch ihr Umfeld außerordentlich hohe Anforderungen stellt. Stehen zu Beginn der Erkrankung mentale/ geistige Veränderungen im Vordergrund (z.B. Verwirrtheitszustände, Desorientierung, Persönlichkeitsveränderungen und Wahrnehmungs- bzw. Denkstörungen), bestehen mit Fortschreiten der Erkrankung zunehmend auch somatische/ körperliche Einschränkungen (z.B. körperlicher Abbau).

Zielsetzung für die Pflege und Betreuung von demenziell erkrankten Bewohnern

  • Die Pflege und Betreuung des Bewohners orientiert sich am Schweregrad der Demenz und seinem derzeitigen Befinden.
  • Die individuelle Versorgung des Bewohners erfolgt nach einer geregelten und individuellen Tagesstruktur, ohne dass es zu einer Überforderung des Bewohners kommt.
  • Der Erhalt und die Verbesserung der Zufriedenheit und der Lebensqualität unserer Bewohner*innen werden gewährleistet.

Die Qualität der Versorgung

Die AWO Saarland zeichnet sich durch eine qualitativ hochwertige Versorgung aus, indem ein Wohnumfeld geschaffen wird, in dem sich die Bewohner*innen wohl fühlen und sie in jedem Stadium ihrer Erkrankung akzeptiert und aufgefangen werden. Bei der AWO Saarland sollen Menschen mit Demenz ein Leben und Wohnen mit hoher Lebensqualität, Geborgenheit und Sicherheit kombiniert mit einer individuellen und qualitativen Versorgung vorfinden. Dabei liegt unser Augenmerk auf einem empathischen, würdevollen und achtsamen Umgang mit den von uns zu versorgenden Bewohnern.

Unsere Formel für gute Pflege lautet:
Qualität = Empathie + Reflexion + Qualifikation + Achtsamkeit

Genauso wie die Qualität unserer Pflege spielen die Zufriedenheit und die Lebensqualität unserer Bewohner*innen eine entscheidende Rolle für unser tägliches Handeln. Da bei der Mehrzahl der Menschen mit Demenz die klassische Methode zur Ermittlung der Zufriedenheit und der Lebensqualität nicht greift, können andere Assessments, wie z.B. H.I.L.DE. zur Ermittlung der Lebensqualität, eingesetzt werden. Diese sollten jedoch nur optional angewendet werden, wenn unter anderen Umständen die Ermittlung der Lebensqualität nicht möglich ist.

Von unseren Mitarbeitern erwarten wir das Grundverständnis, die Würde der uns anvertrauten Bewohner*innen in jeder Situation zu wahren und zu schützen und ihnen mit Respekt und Toleranz zu begegnen, v.a. in schambesetzten Situationen (z.B. bei der Körperpflege). Ein würdevoller und respektvoller Umgang setzt somit ein hohes Maß an Achtsamkeit und Selbstreflexion voraus. Unsere Mitarbeiter*innen zeichnen sich durch ein hohes Maß an Fachlichkeit aus, welche durch regelmäßige Fortbildung und Schulung stetig auf dem neuesten Stand der Wissenschaft gehalten wird.

Ansätze und Interventionen

Das Ziel unserer Versorgung ist eine einfühlsame, behutsame und beschützende Begleitung. Wir respektieren die Persönlichkeit des Bewohners oder der Bewohnerin. Wir fördern die Stabilität durch Lob und direkte Zuwendung und wirken so einer Vereinsamung entgegen. Der Erhalt der Lebensqualität der Bewohner*innen steht im Vordergrund. Die engmaschige Betreuung wird durch eine ganzheitliche, professionelle und aktivierende Pflege begleitet. Dabei berücksichtigen wir die Biografie des Bewohners und die neuesten pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse. Dadurch erfährt der*die Bewohner*in eine emotionale Stabilität im Alltag. Pflege- und betreuungsrelevante Besonderheiten und Maßnahmen werden ermittelt und in der individuellen Maßnahmenplanung beschrieben.

Im Fokus der Pflege und Betreuung steht das Erkennen, was den Menschen zu dem gemacht hat, was er heute ist (Biografie) und welche Erfahrungen und Erlebnisse ihn geprägt haben. Hierbei steht es den Mitarbeitern nicht zu, Wertungen vorzunehmen. Auf Korrekturen im Verhalten des Bewohners wird verzichtet, lediglich bei Selbst- oder Fremdgefährdung muss eingegriffen werden. Jegliche Äußerungen und Gefühle werden ernst genommen.

Jede*r Bewohner*in wird einer ausgewählten Pflegefachkraft zugeordnet, die sich intensiv mit den biografischen, pflegerischen und administrativen Belangen auseinandersetzt. So übernimmt diese Pflegekraft in der Regel auch das Planen der Maßnahmen und die pflegerische Versorgung. Allerdings reagieren wir trotz ausgewählter Pflegefachkraft flexibel und wertfrei auf die Bedürfnisse des Bewohners (wie z. B. Wechsel der Pflegefachkraft bei Problemen bei der pflegerischen Versorgung).

Ein besonderes Augenmerk in der Versorgung von Menschen mit Demenz muss auf Gefahren und Risiken, die mit der Erkrankung einhergehen, gelegt werden. Menschen mit Demenz sind oftmals nicht mehr in der Lage Gefahren korrekt einzuschätzen. Nicht selten zeigt sich bei Bewohnern mit einer demenziellen Erkrankung auch herausforderndes Verhalten. Hier obliegt es den Mitarbeitern adäquat auf diese Situation mit Wertschätzung und Akzeptanz zu reagieren und den Bewohnern mit verschiedenen Interventionen zu beruhigen. Eine Intervention im Sinne von freiheitsentziehenden Maßnahmen darf nicht das Mittel der Wahl sein. Der*die Bewohner*in sollte über andere Interventionen (wie z. B. validierende Grundhaltung, Ablenkung, etc.) erreicht werden. Gleiches zeigt sich bei einer Sturzgefährdung eines Bewohners aufgrund von körperlichem Abbau. Auch hier darf eine Fixierung nicht anderen Maßnahmen (z. B. Niederflurbetten, Sensormatte, etc.) vorgezogen werden.

Alle Berufsgruppen einer Einrichtung sind bei ihrem täglichen Handeln mit den Anforderungen einer Demenz-Erkrankung konfrontiert (Pflegekräfte, Alltagsbegleiter/Mitarbeiter*innen der Sozialen Betreuung, Mitarbeiter*innen der Hauswirtschaft/Haustechnik/Küche, Verwaltungsmitarbeiter*innen, Praktikanten/Bufdis/Auszubildende).

Ansätze und Interventionen: Tagesstrukturierung

Eine Strukturierung und Gestaltung des Tagesablaufes bedeutet für eine*n demenziell erkrankte*n Bewohner*in Sicherheit im Alltag. Bei der Tagesstrukturierung ist neben dem biographisch Vertrauten, das Erlernen von Gewohnheiten und Ritualen im täglichen Tagesgeschehen ausschlaggebend. Durch Rituale erleben die Bewohner erfahrungsgemäß emotionale Sicherheit.
Die Gestaltung der Tagesstruktur für die Bewohner*innen ist abhängig von der jeweiligen aktuellen und individuellen Tagesform. Durch die personelle Präsenz aller an der Versorgung Beteiligten gewöhnen sich die Bewohner*innen an vertraute Anblicke (oft ohne persönliche Identifikation). Hierbei sollten wiederkehrende Tätigkeiten zeitlich verplant werden, um eine zeitliche Routine der Maßnahmen, nach Möglichkeit und in Abhängigkeit der Tagesverfassung, zu gewährleisten.

Beispiele für Rituale sind unter anderem Begrüßungen, Verabschiedungen, Gebete zu den Mahlzeiten/ vor dem Schlafen, Essensgrüße und der Einsatz von bestimmten Duftaromen.

Grundlagen der tagesstrukturierenden Betreuung sind:

  • Wiederholende und erkennbare Abläufe
  • Berücksichtigung individueller Bedürfnisse
  • direkte Ansprache, Augenkontakt und freundliche Zuwendung
  • möglichst stressfreie pflegerische Versorgung
  • gemeinsame Mahlzeiten
  • soziale Kontakte
  • Förderung der Mobilität und Aktivierung
  • Angebote der sozialen Betreuung

Die Tagesstruktur gliedert den Tag in Rahmentätigkeiten, wie pflegerische Versorgung, behandlungspflegerische Maßnahmen, Mobilität, Toilettengänge, Aufnahme von Nahrung und Getränken, hauswirtschaftliche Tätigkeiten, soziale Betreuung/ Beschäftigung, Begleitung zur Bettruhe und nächtliche Versorgung/ Betreuung.

Weitere wichtige Elemente für demenzspezifische tagesstrukturierende Betreuung sind:

  • homogene Gruppen
  • klare Strukturen zur Unterstützung des Gewohnheitslernens
  • personelle Präsens
  • angemessene Milieugestaltung
  • hauswirtschaftliche Tätigkeiten
  • musikalische Angebote
  • Angebote die, wenn möglich, auf die individuelle Vergangenheit zugeschnitten sind
  • Visuelles Anschauungsmaterial (z.B. Bücher, Bilderbücher, Kataloge, Prospekte, Fotoalben, Kochbücher, Liederbücher)

Ansätze und Interventionen: Wertschätzende Kommunikation

Unbedingte Wertschätzung der Person mit Demenz ist die unverzichtbare Grundhaltung und Voraussetzung der bewohnerorientierten Pflege. Diese Grundhaltung ist Voraussetzung für eine gute Pflegequalität.
Unbedingte Wertschätzung heißt: die Bewohner*innen zu achten, vorbehaltlos und uneingeschränkt zu akzeptieren und ihre Eigenheiten anzunehmen. Pflegende sollten Emotionen der Bewohner*in erkennen und auf diese adäquat reagieren. Zudem sollten sie sich auch der eigenen Gefühle bewusst sein und diese beherrschen.

Der demenziell erkrankte Mensch ist je nach Schwere seiner Erkrankung nicht mehr in der Lage seine Wünsche und Bedürfnisse zu äußern. Tatsächliche Gegebenheiten oder Gesprochenes werden nur noch teilweise oder verzerrt verstanden.

Unsere Mitarbeiter*innen begegnen diesen Bewohnern mit viel Verständnis, Empathie, Toleranz und Sensibilität.

Wir legen großen Wert auf eine positive Beziehungsebene zwischen den Pflegenden und den zu versorgenden Bewohnern. Sie ist die Basis einer aktiven, wertschätzenden und auf gegenseitiges Verstehen aufgebauten Kommunikation und trägt dazu bei, dass diese sich in ihrer Person und mit ihren Bedürfnissen verstanden und sicher fühlen.

Bei der Kommunikation sollte auf folgende Aspekte geachtet werden:

  • Wir kommunizieren stets zugewandt, interessiert und positiv, nicht belehrend, verneinend, vorwurfsvoll oder moralisierend
  • Wir hören den Bewohnern aktiv und wertfrei zu
  • Wir haben Respekt vor dem, was für die Bewohner*in wichtig und für ihn individueller Lebensinhalt ist
  • Wir akzeptieren seine Verhaltensweisen, Lebensgewohnheiten, Neigungen und Prägungen, die seinen individuellen Bedürfnissen, seiner Persönlichkeit oder seinem Willen entsprechen
  • Wir bestätigen an Demenz erkrankte Bewohner*innen in seinem Handeln, ohne dabei unseren professionellen Pflegeauftrag zu vernachlässigen oder Bewohner*innen in Gefahr zu bringen
  • Bei Berührung und persönlicher Zuwendung achten wir auf ein angemessenes Distanzverhalten

Mit zunehmender Schwere der Erkrankung ist eine Kommunikation nicht mehr auf realer Basis möglich. Deshalb wird die an Demenz erkrankte Bewohner*innen gedanklich dort abgeholt wo er gerade ist. Um mit den Bewohnern in Kontakt zu treten und ihn in „seiner Welt“ zu erreichen, können Worte, Gestik, Mimik und die eigene Körperhaltung genutzt werden. Die Ansätze der Validation (Feil, Richards) bieten Möglichkeiten, um auch noch bei fortgeschrittener Erkrankung mit den Bewohnern in Kontakt zu treten.

Ansätze und Interventionen: Berührung, basale Stimulation, Sinnesanregungen, Snoezelen

Wenn die Sprache für den Demenzkranken nicht mehr verstanden wird, ist es umso wichtiger, diesen über seine anderen Sinne anzusprechen. Zugang zu den verschiedenen Sinnen kann über das Hören, den Geschmack, das Riechen, das Fühlen, das Sehen und die Bewegung gefunden werden. Das Auslösen von entspannenden oder anregenden Reizen wird durch unsere Mitarbeiter*innen gezielt bei den Bewohnern vorgenommen.

Dabei werden biographisch vorhandene, aber oft ins Unbewusste gesunkene Fähigkeiten (z.B. Backen, Kochen, handwerkliche Arbeiten) und persönliche Eigenheiten (z.B. Ordnungsliebe, Fürsorge, Pflichtbewusstsein) wieder aktiviert und tragen zu einer Zufriedenheit und höheren Lebensqualität bei. So können bestimmte Sinneswahrnehmungen, wie Speisen (z.B. Pralinen), Gerüche (z.B. Lavendel, Weihrauch) oder Gegenstände, die an alte Zeiten erinnern, die Sinne stimulieren und bestimmte emotionale Reaktionen oder Handlungsmuster hervorrufen. Diese können positive oder negative Erinnerungen oder Empfindungen wecken.
In Gruppenarbeit, sowie auch bei jeder individuellen Zuwendung, bei vielfältigen tagesstrukturierenden Maßnahmen und bei jeder Begegnung, erfolgt ein Ansprechen der Sinne und Gefühle. Mit Empathie und Sensibilität achten wir darauf, welche verbalen und nonverbalen Reaktionen der Bewohner*innen auf die von uns gesetzten verschiedenen Sinnesreize zeigt, beispielsweise was bei den Betroffenen ein positives oder negatives Erleben hervorruft. Unsere Beobachtungen fließen in die Maßnahmenplanung und somit in die Betreuung und die Pflege unserer Bewohner*innen ein, so dass für diese ein positives, emotionales Erleben und eine Verbesserung der Lebensqualität als Ergebnis möglich sind.

Dabei achten unsere Mitarbeiter*innen stets darauf, dass keine Reizüberflutung und damit eine Überforderung bei den Bewohnern erfolgt.

Ansätze und Interventionen: Biographiearbeit

Die biographischen Daten (z.B. Alltagsgestaltung, häusliche Rituale und Tagesstrukturen, Wohn- und Lebensverhältnisse) helfen der ausgewählten Pflegefachkraft und dem Pflegeteam das Verhalten, die Wünsche und die Bedürfnisse des Bewohners besser zu deuten. Sie ermöglichen einen adäquaten Umgang und eine bedürfnisbezogene Pflege und Betreuung. Dadurch wird ein adäquater Umgang und eine bedürfnisbezogene Pflege und Betreuung ermöglicht und die individuelle Lebensgeschichte berücksichtigt. Dabei werden die vorhandenen Fähigkeiten und Ressourcen unterstützt und gefördert. Durch die Kenntnisse der Lebensgeschichte verbessern sich der Zugang zum Bewohner*innen und die Einbindung in das Wohnbereichsumfeld. Jedoch dürfen nicht nur biographische Daten aus der Vergangenheit berücksichtigt werden. Gewohnheiten können sich mit dem Fortschreiten der Erkrankung verändern. Deshalb ist es umso wichtiger neue Rituale und Gewohnheiten mit in der Biographie zu berücksichtigen und diese in den Alltag zu integrieren (gelebte Biographie). Alle biographisch relevanten Daten werden hierbei in der Biographie vermerkt.

Ansätze und Interventionen: Ernährung und Mahlzeitengestaltung

Ernährung ist die Basis für die Lebenserhaltung des Menschen. Sie steuert in wesentlichen Zügen sein körperliches, geistiges, psychisches und soziales Wohlbefinden. Die Ernährung spielt im Alter eine wichtige Rolle. Gerade bei Menschen mit Demenz, die oftmals ein hohes Maß an Unruhe zeigen, ist ein bis zu 30% erhöhter Energiebedarf angezeigt. Um eine ausreichende Energieaufnahme zu gewährleisten, sollten verschiedene Maßnahmen in Betracht gezogen werden. Die Gestaltung der Mahlzeiten sollte strukturiert und nach einer festen Tagesstruktur erfolgen. Sie sollte an das individuelle Verhalten angepasst und in geeigneter Form angeboten werden, z.B.:

Angebote zur Sicherstellung der Nahrungsaufnahme:

  • Vorlieben berücksichtigen/ Abweichen von der Essensreihenfolge auf Wunsch (z.B. das Mittagessen mit dem Dessert beginnen, Geschmacksanregung)
  • Mahlzeiten mit Kräutern würzen (z. B. Petersilie, Schnittlauch)
  • Hauptspeisen mit Zucker/ Süßstoff/ Stevia anreichern (individuell auf Wunsch des Bewohners)
  • Angebot von Süßspeisen
  • Schüsselsystem anbieten
  • 6 Mahlzeiten pro Tag, kleine Häppchen zwischendurch, evtl. als Fingerfood
  • Gestaltung von Snackinseln
  • Angebot einer Nachtmahlzeit bei nachtaktiven Bewohnern entsprechend der individuellen Vorlieben
  • Schaffung homogener und fester Tischgruppen
  • Einsatz von Milieustabilisatoren, z.B. Einsatz von Ritualen (Tischgebete, „Guten Appetit“)
  • Verzicht auf Teller und Servietten mit farbigem Dekor, welches zu Irritationen führen kann (z.B. Beeren, Obst, Gemüse)
  • Verwendung von Platz-Sets zur Identifikation des eigenen Essensbereich
  • Verwendung von Untersetzern für Gläser
  • Beachtung von Schluckstörungen (Smoothfood, adaptierte Kostform)
  • Vor dem Frühstück: Kleine Aufmerksamkeiten zum Essen am Platz bereitlegen (z.B. Kekse, Praline,…)
  • Bei Mangelernährung: Angebot von Zwischenmahlzeiten/hochkalorische Trinknahrung

Bei Unruhe erhalten die Bewohner*innen ihre Mahlzeiten entweder dort wo sie sich gerade befinden oder während dem Gehen.

Angebot zur Sicherstellung der Flüssigkeitszufuhr:

  • Angebot von gesüßten Getränken (bei Diabetikern Verwendung von Stevia/ Süßstoff)
  • Gestaltung von Trink-Oasen auf den Wohnbereichen
  • Auswahl von ansehnlichem Trinkgeschirr (z.B. keine bunten Plastikbecher)
  • Zu jeder Mahlzeit Getränke reichen
  • Getränkeangebot nach den individuellen Vorlieben

Um eine Mangelernährung/einen Flüssigkeitsmangel zu vermeiden, sollten verschiedene Methoden, Instrumente und die Managementanweisung zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung zur Überwachung des Ernährungszustandes/Flüssigkeitshaushaltes angewendet werden (z.B. regelmäßige Gewichtskontrolle, BMI-Messung, Festlegen von Ernährungsstandards bei Menschen mit Demenz, Trink- und Nahrungsprotokoll). Optional kann eine Einschätzung anhand der PEMU Ernährungsmangel/Flüssigkeitsmangel erfolgen, wenn eine pflegefachliche Einschätzung nicht ausreichend ist.

Alltag und Wohnen

Für Menschen mit Demenz bestehen unterschiedliche Wohn- und Betreuungsformen. Hierbei sollte, wenn möglich, die geeignetste Form für den*die Bewohner*in ausgesucht werden (z.B. Einzelzimmer oder Doppelzimmer, Integration oder Segregation, geschützter Bereich, Milieugestaltung).

Bezüglich der Einrichtung sollte ein Augenmerk auf die architektonische Bauweise gelegt werden (Karee-Bauweise falls möglich, räumliche Übersichtlichkeit, gute Erreichbarkeit der Räumlichkeiten – nach Möglichkeit zentriert, kleinräumige Aufenthaltsräume).

Eine wohnliche Strukturierung, um Geborgenheit, Vertrautheit, Überschaubarkeit und einen Lebensmittelpunkt zu schaffen, bilden zentral gelegene Gemeinschaftsflächen. Hier haben wir Ausstattungen, die sowohl Wohn- und Speisezimmer, als auch Küche vereinen. Durch die räumliche Nähe führt dies zur Steigerung der Kontakte unter den Bewohnern, aber auch der Kontakt zwischen den Bewohnern und Pflegekräften wird gesteigert. Für die Bewohner*innen konzentriert sich der Lebensmittelpunkt auf diese Räumlichkeiten. Sie sind keinem Suchverhalten ausgesetzt, welches die Gefahr des Verlaufens oder Verirrens vermindert, gleichzeitig bietet es aber auch genügend Raum zur Bewegung. Somit wird das Orientierungsverhalten erhöht und zu einer Stress- und Überlastungsreduktion beigetragen.

Alltag und Wohnen: Aufnahmeverfahren und Integrationsphase

Die Aufnahme in eine stationäre Einrichtung bedeutet für die Bewohner*innen eine große Veränderung. Er verlässt sein häusliches und soziales Umfeld. Eine Begegnung mit der neuen Umgebung findet statt. Dies führt oft zu erheblichen Beeinträchtigungen, die durch einen verstärkten Hilfebedarf und eine Einschränkung in der Lebensführung gekennzeichnet sind.

Deshalb unterstützen und begleiten wir sowohl die Bewohner*innen als auch die Angehörigen, um die Eingewöhnung in die neue Lebenssituation zu erleichtern und eine Beziehung aufzubauen.
Im Erstgespräch werden alle Informationen, die den Umzug betreffen, an den neuen Bewohner*innen und dessen Angehörige weitergegeben, damit der*die Bewohner*in ein möglichst selbstbestimmtes, von Wertschätzung erfülltes Leben führen kann.

Die ausgewählte Pflegefachkraft wird in das Aufnahmeverfahren einbezogen. Sie erstellt die Biographie, die Maßnahmenplanung und die Dokumentation, auf Wunsch auch unter Einbezug der Angehörigen. Sie hält auch regelmäßig Kontakt zu den Angehörigen um eine Beziehung aufzubauen und den Zugang, einerseits zum*r Bewohner*in und andererseits zu seinen Angehörigen, zu erhalten. Bestimmte häusliche Rituale, Gewohnheiten und biographische Daten werden als Informationen mit in die Biographie aufgenommen, im Pflegeprozess berücksichtigt und übernommen.

Alltag und Wohnen: Ausstattung der Wohnbereiche, Milieugestaltung

Die Ausstattung der Wohnbereiche ist einem Milieu angepasst, das den sozialen Bedürfnissen der*die Bewohner*in gerecht wird, um eine Kontinuität in der Lebensführung der Bewohner*in zu erhalten. Sie wird nach dem Normalitätsbezug gestaltet. Die Möblierung ist an der gesunden Lebensphase ausgerichtet, somit wird die Umgebung für die Bewohner*in vertrauter. Die Gemeinschaftsflächen (Speisesaal, Eingangsbereich, Aufenthaltsräume) werden von unseren Mitarbeitern jahreszeitlich und anlassbezogen gestaltet, auch unter Mitwirkung der Bewohner*in, soweit dies noch möglich ist. Dabei fließen traditionelle und regional-spezifische Aspekte in die Gestaltung mit ein.

Bei der baulichen Gestaltung der Wohnbereiche sollten weitere Aspekte berücksichtigt werden, z.B. keine irritierenden Farben oder Muster an den Wänden oder Fußböden, ausreichende Helligkeit (mind. 500 Lux), Vermeidung von schattenwerfenden Lichtquellen. Um ebenfalls eine bessere Orientierung zu gewährleisten, sollten überall dort wo sie benötigt werden, Orientierungshilfen angebracht werden.
Weiterhin sollte auf angepasstes Mobiliar (wie z.B. Sessel mit Aufstehhilfen, Schaukelstuhl, …) und adäquate Hilfsmittel (wie z.B. Demenzdecken, ThevoVital Matratzen, Sitzkissen mit Sensoren, Antirutsch-Sitzkissen,…), welche zum Wohlbefinden der Bewohner*in beitragen, geachtet werden.

Alltag und Wohnen: Ausstattung der Bewohnerzimmer

Die Bewohnerzimmer sollten individuell nach lebensgeschichtlichen Aspekten ausgestattet sein. Hier soll ein Milieu geschaffen werden, das Vertrautheit und Wohlbefinden durch persönliche Möbelstücke, Bilder, Fotos, Lampen, Kissen und weiteren persönlichen Gegenständen fördert. Angehörige sollten, wenn möglich, in die Gestaltung mit eingebunden werden.

Alltag und Wohnen: Gestaltung der Außenbereiche

In einigen Einrichtungen gibt es einen demenzspezifischen Garten, ein sogenannter „eingefriedeter Garten“. Dieser ist angelegt mit sicherer Wegführung, schattigen Sitzmöglichkeiten und verschiedenen, regional-typischen, ungiftigen Pflanzen/Kräutern. Hierbei wird berücksichtigt, dass der Außenbereich vom Innenbereich her einsehbar ist und nach persönlichem Empfinden aufgesucht werden kann.

Einbezug von Angehörigen

Die Angehörigen sind Vertrauenspersonen des demenziell erkrankten Bewohners und somit wichtige Ansprechpartner für die Mitarbeiter*innen. Angehörige sind außerdem der entscheidende Zugang zur Biographie der Bewohner*in, da sie in der Regel einen langjährigen biographischen Bezug zu dem Bewohner*in haben. Die gleiche Wertschätzung, wie den Bewohnern, wird auch den Angehörigen entgegen gebracht.
Da Angehörige oftmals auch an der Versorgung beteiligt sind, sollte auf die Beratung, Schulung und Anleitung der Bezugspersonen ein hohes Augenmerk gelegt werden. Wissen über die Erkrankung und die individuellen Verhaltensweisen im Umgang mit Bewohnern können Sicherheit geben und möglichen Konflikten oder Überforderungstendenzen vorbeugen. Durch Beratung, Schulung und Anleitung können individuelle Lösungsansätze im Umgang mit Bewohnern geschaffen und ein entspanntes Miteinander gefördert und ermöglicht werden. Solche Ansätze erleichtern die Eingewöhnungsphase sowohl für Angehörige als auch für Bewohner*in gleichermaßen.

Sterben und Abschiedskultur

Die demenziell erkrankten Bewohner versterben zumeist in unseren Einrichtungen. Hier ist es unser Ziel, den Bewohner*innen würdevoll zu begleiten und eine bestmögliche Lebensqualität zu erhalten.
Unsere Mitarbeiter*innen sollen so fortgebildet werden, dass sie den Bewohner*in in dieser Lebensphase nach seinen Bedürfnissen begleiten. Da meist eine verbale Kommunikation nicht mehr möglich ist, müssen wir durch spezielle Kenntnisse der Demenz im fortgeschrittenen Stadium vorhandene Schmerzen und Bedürfnisse des Bewohners in Mimik und Körpersprache erkennen. Der*die Bewohner*in soll möglichst beschwerdefrei, nicht allein und seinen religiösen Bedürfnissen entsprechend begleitet werden.
Ein wesentlicher Teil der Sterbebegleitung ist die Angehörigenarbeit. Dabei legen wir großen Wert darauf, die Angehörigen auf Wunsch in die Begleitung mit einzubeziehen und ihnen unterstützend zur Seite zu stehen.

Personalisierung, Schulung und Qualifikation des betreuenden Personals

Um eine adäquate Versorgung und Betreuung der Bewohner*in zu gewährleisten, ist eine Mindestqualifikation der  Mitarbeiter*innen sicher zu stellen.

Personalisierung und Schulung
Es wird von der AWO Akademie Saar ab Mitte 2017 ein „Kompaktkurs Gerontopsychiatrie“ angeboten. Dieser gliedert sich in ein Grundmodul mit dem Ziel eine Basisqualifikation für alle Mitarbeiter, welche noch keine Erfahrung im Umgang mit demenziell erkrankten Bewohnern haben, sicherzustellen. Aufbauend werden weitere Module mit vertiefenden Inhalten für die jeweiligen Zielgruppen angeboten.
Geplant ist, dass im späteren Verlauf, alle  Mitarbeiter*innen der Einrichtung regelmäßig an den zur Verfügung stehenden Schulungsangeboten teilnehmen.
Das Ziel der AWO Saarland ist es in den Einrichtungen der stationären Altenpflege,

  • alle Mitarbeiter bis Ende des Jahres 2020 zu schulen,
  • mindestens eine Fachkraft „Kompaktkurs Gerontopsychiatrie“ pro Seniorenzentrum und
  • zusätzlich eine Fachkraft mit „Kompaktkurs Gerontopsychiatrie“ pro Seniorenzentrum mit einem geschützten Bereich vorzuhalten

Qualifikation
An das Persönlichkeitsprofil unserer  Mitarbeiter*innen werden folgende Anforderungen gestellt:

  • Soziale und personengebundene Kompetenz
  • Einfühlungsvermögen, Selbstreflexion, ethisch-moralische Kompetenz
  • Klinische Beurteilungskompetenz (v. a. bei Pflegekräfte)
  • Kenntnisse und Handlungskompetenz von pflegerischen Maßnahmen (v.a. bei Pflegekräfte)
  • Rollendistanz und Frustrationstoleranz

Kontakt:

AWO Saarland e. V.
Pflege
Sulzbachstr. 39-41
66111 Saarbrücken

  E-Mail

0681 / 857840