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AWO Saarland feiert 100-jähriges Bestehen

100 Jahre Arbeiterwohlfahrt im Saarland

AWO Saarland feiert 100-jähriges Bestehen

Die AWO Saarland wurde 100 Jahre alt und zahlreiche Weggefährten waren im Vorfeld nach ihrer persönlichen Sicht auf die AWO gefragt worden. Die emotionalen Zitate bewegten auf der großen Leinwand die rund 300 Gäste im Festsaal des Saarbrücker Schlosses, Worte von Paul Quirin oder Reinhard Klimmt zeugten von Stolz und Verbundenheit mit einer Organisation, die im Saarland so viel bewegt hat.

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Saarland feierte ihr hundertjähriges Bestehen mit einem Festakt. Glückwünsche kamen unter anderem von der saarländischen Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD), dem Regionalverbandsdirektor Peter Gillo und der Vorsitzenden des Präsidiums des AWO-Bundesverbandes Kathrin Sonnenholzner. Innenminister Reinhold Jost war gekommen, die Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot und Gesundheitsminister Dr. Magnus Jung.

Der Landesvorsitzende Marcel Dubois begrüßte die Gäste und darunter die Vorsitzenden der Synagogengemeinde Saar, Ricarda Kunger. Ihr drückte er seine Solidarität aus: „Wir stehen in diesen schwierigen Zeiten an Ihrer Seite.“ Kunger sprach später im Interview von ihrer engen Verbundenheit mit der AWO, da die Haltung der AWO gegen Adolf Hitler zu Repressalien, Verfolgung und Ermordung von AWO-Aktiven in der Zeit des Nationalsozialismus geführt hätten. Dubois sprach im Festakt, der auf den Jahrestag des Krieges in der Ukraine fiel, auch dem von Russland überfallenen Land im Osten weitere Solidarität der AWO zu. Einige der Gäste waren vor dem Festakt noch Gäste der Ukraine-Demo in Saarbrücken gewesen.

Die AWO Saarland wurde am 13. Februar 1924 aus sozialer Not heraus gegründet, knapp fünf Jahre nach Entstehung des Hauptausschusses in Berlin. Die besondere Situation des Saarlandes, das von 1920 bis 1935 Mandatsgebiet des Völkerbunds war, verzögerte die Gründung. Die AWO konnte sich im Saargebiet zunächst nicht betätigen. Und so muss „100 Jahre AWO“ im Saarland etwas später gefeiert werden, als im übrigen Bundesgebiet. Die SPD-Politikerin Marie Juchacz gründete die AWO in Berlin, doch das Saarland sollte später für sie eine große Rolle spielen. Denn mit der Machtergreifung Adolf Hitlers musste Marie Juchacz ins Exil. Juchacz-Nachfahrin Lydia Struck, die Urgroßnichte von Marie Juchacz und zugleich Kulturantrophologin, zeichnete ihre Geschichte nach. 2023 fuhr Struck aus Studienzwecken die „Route des Exils“ nach – also die Fluchtroute der Sozialdemokratin. Die führte auch nach Saarbrücken, wo Hitler wegen des Saarländischen Sonderstatuts zunächst noch keinen Zugriff hatte. Ein Büchlein über diese Geschichte wurde beim Festakt ausgegeben, ein Sonderdruck der AWO zum Jubiläum mit Texten von Dr. Roland Märker und Delf Slotta. Sie zeichnen die Gründung der AWO durch Marie Juchacz in Berlin und Angela Braun-Stratmann im Saarland nach und geben tiefe Einblicke in die Lebenswirklichkeit dieser Zeit. Heute gibt es die Not von damals erneut. Marcel Dubois erinnerte an Suppenküchen, mit denen die AWO einmal startete, und an AWO-Wintercafés in den Landkreisen heute. Dubois dankte den rund 10.000 Menschen im AWO-Ehrenamt und den mehr als 5000 Beschäftigten im professionellen Sozialdienstleitungsbereich der AWO, die damit zu den größten Arbeitgebern im Land gehöre.

Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) lobte die AWO: „100 Jahre Arbeiterwohlfahrt im Saarland sind 100 Jahre gelebte Solidarität, Toleranz und Gemeinsinn im Sinne der Arbeiterschaft und der freiheitlichen, antitotalitären und sozialdemokratischen Tradition. Seit 100 Jahren kämpfen haupt- wie ehrenamtlich tätige Menschen als AWO-Saar für soziale Gerechtigkeit. Mit Blick auf das Erstarken populistischer, rechtextremer Kräfte, die sich offen gegen die Demokratie und den Zusammenhalt in Europa aussprechen, wird klar: die Arbeit der AWO ist auch nach 100 Jahren überaus relevant und wichtig. Wir müssen uns als Gesellschaft gegen Spaltung und Ausgrenzung stellen, weil wir die großen Herausforderungen unserer Zeit nur gemeinsam bewältigen können. Im Namen der Landesregierung und der Menschen im Saarland danke ich allen haupt- und ehrenamtlich engagierten Menschen bei der AWO für ihren wertvollen Beitrag für Gerechtigkeit und Zusammenhalt. Herzlichen Glückwunsch zu diesem besonderen Jubiläum!“

Über die AWO-Gründerinnen Marie Juchacz und Angela Braun-Stratmann bilanziert die saarländische Ministerpräsidentin: „Das, was sie gemacht haben, das steht für Hoffnung und den Glauben daran, dass jeder Einzelne, aber wir auch insgesamt als Gesellschaft in der Lage sind, etwas zu verändern, Dinge zum Guten zu führen. Jeder von uns kann, wenn er will, etwas machen und etwas erreichen.

Und das ist eine Idee, die ich bei der Arbeiterwohlfahrt immer wieder erkenne. Und wenn man noch mal überlegt, in welcher Zeit sie sich gegründet hat und wie die Umstände damals gewesen sind, was das für eine Kraft gewesen sein muss, was das für ein Hoffnungsüberschuss gewesen sein muss, den Maria gehabt hat oder aber auch Angela Braun Stratmann für das Saarland gehabt haben.
Dass sie in der Lage sind, als Frauen dieser Zeit daran zu glauben, dass sie etwas bewegen können, dass sie etwas besser machen können, dann finde ich dann sollte uns das allemal Anlass sein, Hoffnung zu haben, dass auch wir das können. Egal wie kompliziert, egal wie weg die Zeit ist, egal wie viel, wie viel Veränderung wir spüren und wie viel Unsicherheit damit einhergeht. Sie sind für uns Vorbilder, Sie sind für uns Mutmacherinnen und Mutmacher. Und das ist eine tolle Botschaft für diesen heutigen Tag. Danke, dass es diese Frauen gegeben hat.“
Die Vorsitzende des Präsidiums des AWO-Bundesverbandes, Kathrin Sonnenholzner, bedankte sich für das Engagement der saarländischen AWO-Mitglieder bei der Demo gegen die Sparpläne der Bundesregierung in Berlin und für das Engagement für unsere demokratische Gesellschaft: „Demokratie muss immer neu ausgehandelt werden.“ Die Arbeiterwohlfahrt engagiere sich in Anbetracht ihrer Geschichte und Werte gegen Ausgrenzung und Hass und Antisemitismus.

Die persönlichen Eindrücke und Erkenntnisse von Marie Juchacz Fluchtroute präsentierte deren Urgroßnichte Lydia Struck, Kulturanthropologin, in einem eindrucksvollen Vortrag. Einen Überblick über die Entwicklung der Arbeiterwohlfahrt erhielten die Gäste von Dr. Roland Märker, Mitglied der Historischen Kommission, während des Festaktes.
Um an das Vermächtnis von Marie Juchacz zu erinnern hatte man auch das Neunkircher Musicalprojekt eingeladen, die Stücke aus dem Musical „Meine Herren und Damen, Marie!“ vorführten. Genau wie die Filme, die Einspielungen und die berührenden Rückblicke erreichte die Musik die Herzen der Zuschauerinnen und Zuschauer. Ein Abend mit Herz – nicht nur allgegenwärtig im Logo der AWO, sondern tief verinnerlicht im Wirken all derer, die sich für Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit in der AWO engagieren.

Zu 100 Jahren Arbeiterwohlfahrt im Saargebiet: Wieso es die AWO auch in 100 Jahren braucht!

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